In einer aus dem Jahre 1900 geschilderten Chronik von Friedrich Johann Hildebrand können Sie Interessantes über unseren und auch ältesten Vorort von Frankenthal, erfahren. Die 17-seitige Chronik über Mörsch und Peters-Au am Rhein schildert die Entwicklung und Entstehung unserer ländlichen Ortsgemeinde aus einer ehemaligen Sumpflandschaft mit ihren morastigen Triften.
Bei Interesse können Sie diese kostenfreie Ortschronik in der Ortsverwaltung (Bürgerservice) erhalten.
Eugen Kling
Wegen ständiger Gefährdung durch Hochwasser in der Rheinzone (bis zur B9) scheint Mörsch in der Steinzeit noch nicht besiedelt worden zu sein. Bodenfunde aus dieser Zeit fehlen. Dagegen beweist ein Brandgräberfriedhof unter der Roxheimer Straße die Anwesenheit römischer Kulturträger. Zweimal, 52 v. Chr. bis 74 n Chr. und 260 - 406 n. Chr. bildet der Rhein die Grenze des römischen Weltreiches. Über 450 Jahre bis zur Völkerwanderung gehört unser Gebiet zu ihm.
450 bis ca. 650 | Die Grenzen zwischen Alemannen und Franken verläuft ungefähr entlang dem Neckar und der Isenach. Einige der in Mörsch gefundenen Gefäße sind alemannischen Ursprungs - Christianisierung unserer Heimat. | |
766 | Der freie Franke Radulf und seine Gemahlin Irmingard schenken dem gerade zwei Jahre alten Kloster Lorsch ein in “Merische” im Wormsgau gelegenes Hofgut und eine Wiese - Der Anfang einer langen Stifterreihe. | |
866 | Hochwasserkatastrophe: Der Rhein verlegt seinen Lauf nach Osten; zurück bleibt nur noch der Altrheingraben von heute. Petersau, Edigheim und Oppau sind jetzt linksrheinisch. | |
1020 | Zur Regierungszeit Bischof Burchards I. von Worms müssen auch die Mörscher zur Unterhaltung der Stadtmauer beitragen wie die anderen “Rheindörfer”, die dem Fürstbischof unterstehen. Vom Bischof wird der Ort als Lehen verschiedenen Herren gegeben bzw. vererbt. | |
1119 | Im benachbarten Dorf Franconodal wird ein Augustiner-Chorherren-Kloster gegründet, 1139 ein Chorfrauen-Kloster. Sie sind in Mörsch sehr begütert und üben dort im Auftrag des Wormser Bischofs die Seelsorge und das Patronatsrecht aus. | |
1275 | Siegward, Schultheiß zu Mers (Mörsch) erscheint in einer Urkunde über einen Allmendestreit zwischen Äbtissin des Frauenklosters und der Dorfgemeinde. | |
1294 | Mörscher Au erstmals als Gemeinschaftsweide der 13-16 umliegenden Ortschaften erwähnt. | |
1382 | Henne Kälbertod, Schultheiß von Mörsch. Festlegung einer Auordnung für die. ca. 1000 Morgen Gemeinschaftssweide auf der Mörscher Au. Tagung vor dem Kirchhof in Mörsch. | |
1393 | Die Rheindörfer kommen durch Erbschaft an die Grafen von Nassau Saarbrücken. | |
1427 | Philipp I. von Nassau und Bischof Friedrich II. von Worms einigen sich, dass die Herrschaft in den Rheindörfern gemeinschaftlich sein soll. | |
1496 | Mörsch zählt 78 Einwohner. Bischöflicher Visitationsbericht über die St. Stephansgemeinde, Einblick in die Zustände vor der Reformation. | |
1525 | Bauernkrieg betrifft auch die Rheindörfer. Allmählich Ausbreitung der Reformation. Die weltlichen Herren von Mörsch, die Grafen von Nassau schließen sich an. Später auch die Pfalzgrafen mit dem “Wildfangrecht” in den Rheindörfern. | |
1562 | Der reformierte Kurfürst Friedrich der III. zieht den Frankenthaler Klosterbesitz ein und damit auch die diesem unterstehende Mörscher Pfarrkirche, die er 1565 den Reformierten zum Mitgebrauch einräumt. | |
1580-82 | Bau des Johann-Casimir-Kanals durch den Pfalzgrafen über bischöflich-wormsisches bzw. nassauisches Gebiet. Er entspricht größtenteils dem heutigen Altrheingraben. | |
1667 | Nach dem 30-jährigen Krieg (1618-48) hat Mörsch noch 4 Einwohner und 81 kurpfälzische “Ausländer” mit Heimatrecht. Johann-Casimir-Kanal versandet. Hofgut Hansenbusch verkommt. Anbau der ersten Kartoffeln in den Gärten. | |
1706 | Der Fürstbischof von Worms wird alleiniger Herr von Mörsch. Der Ort untersteht dem Amt Neuhausen bei Worms. Der Zoll bleibt Kurpfalz und dem Bischof gemeinsam. | |
1712 | In Mörsch gibt es 5 Fischer (22 in Roxheim). | |
1726-30 | Ständige Grenzstreitigkeiten zwischen Mörschern (bischöflich) und Edigheimern (Kurpfälzer). | |
1730 | Bischof Franz Ludwig gründet die noch heute bestehende “Hospitalstiftung Neuhausen zu Horchheim”. | |
1740 | Streunende Wölfe letztmalig erwähnt in Edigheim und Oppau | |
1771 | Die Dreifelderwirtschaft geht allmählich zu Ende. Mörsch hat 247 Einwohner. | |
1773-77 | Anlage des Frankenthaler Kanals. Trappenau und Mörscher Auhaus bewohnt von den Familien Trapp bzw. Erbacher. | |
1786 | Stallfütterung wird wegen des schlechten Grases nach vielen Überschwemmungen der Viehweide vorgezogen. | |
1792 | Die ersten französischen Revolutionstruppen erscheinen in unserer Gegend. | |
1797-1814 | Mörsch unter französischer Herrschaft, gehört zur Bürgermeisterei Edigheim, Departement Mont-Tonnere (Donnersberg). | |
1801 | Auflösung des uralten Bistums Worms. | |
1803 | Klostergüter und adliger Grundbesitz werden enteignet, verstaatlicht und teilweise an die nun freien Bauern versteigert. Entwicklung des bürgerlichen Wohlstandes. | |
1804 | Der genossenschaftliche Weidgang der 13 rechts- und linksrheinischen Gemeinden wird aufgehoben. Die Mörscher Au wird Nationaldomäne. | |
1816 | Mörsch wird bayrisch und 1818 wieder selbständige Gemeinde. | |
1829 | Bau des “alten” Schulhauses. Verlegung des Friedhofes “außerhalb der Gemeinde”. Verkauf der Mörscher Rechte an der Wormser Bürgerweide für 1086 Gulden an die Stadt Worms. | |
1848 | Die Gemeindeweide von Mörsch wird in Allmende umgewandelt und an die Bürger billig verpachtet. | |
1853-55 | Bau der katholischen Kirche Heilig-Kreuz. | |
1866 | Erstes Ortspflaster. Bau des “mittelalten” Schulhauses. | |
1873 | Straße nach Frankenthal wird chaussiert. | |
1882/83 | Letzte große Überschwemmung. 90 Häuser stürzen ein. | |
1888 | Die hölzerne Bachbrücke wird durch eine steinerne ersetzt. Baukosten: 12000 RM. Der Wandlungsprozeß vom reinen Bauerndorf hinweg beginnt. Frankenthaler Industrie und BASF! | |
1901 | In Mörsch gibt es 1 Telefon. | |
1906 | Ortsüblicher Taglohn: Männer: 2,50 RM, Frauen 1,40 RM. | |
1907 | Auflösung der Fischereipacht im Mörscher Altrheingraben. | |
1913/14 | Anschluß an das Elektrizitätsnetz. | |
1919 | Eingemeindung nach Frankenthal | |
1923 | Anschluß an das Wasserleitungsnetz | |
1924 | Anschluß an das Gasversorgungsnetz | |
1925 | Abriß der St. Stephanskirche. Bau des katholischen Pfarrhauses. | |
1938-40 | Bau der Autobahn. 1940 Einsturz der Rheinbrücke. | |
1945 | 21. März, 22 Uhr erreichen die ersten amerikanischen Panzer den Ort. 26. März Rheinübergang der Amerikaner. 8. Mai bedingungslose Kapitulation des Hitlerreiches. | |
1950 | Einweihung der Theodor-Heuß-Brücke | |
1955 | Weihe des protestantischen Christus-Kirche. Bau eines neuen Schulhauses an der Roxheimer Straße. | |
1959 | Erneuerung der Forstbrücke. | |
1960-64 | Flubereinigung | |
1964 | Einführung der Müllabfuhr für 600 Haushalte. | |
1967 | Isenach-Umlegung. Sie fließt jetzt durch den Altrheingraben. | |
1974 | Bau der Großkläranlage, modernste Einrichtung Europas | |
1975 | Eröffnung des evangelischen Gemeindehauses. | |
1978 | Bau des unterirdischen Gasspeichers nördlich der Großkläranlage. | |
1980 | Erdgasausbruch dort (30.09-16.10.). 15 Millionen m3 Gas gehen verloren. | |
Die vielen, oft unübersichtlichen Herrschaftsverhältnisse in Mörsch wurden nicht alle erwähnt. Aus Platzgründen konnte auch nicht auf die vielseitigen Entwicklungen in der Zeit ab dem I. Weltkrieg eingegangen werden, in der in unserem Dorf mehr Veränderungen stattfanden, als in 1000 Jahren vorher. Man denke nur an die politischen Veränderungen, die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge, an die enorme private und öffentliche Bautätigkeit und die totale Änderung in der Erwerbsstruktur. Bei der letzten Volkszählung in Mörsch sind nur noch 7,4% in der Landwirtschaft tätig, im “produzierenden Gewerbe” 60,8 % und im Sektor Dienstleistung, Handel, Verkehr 22,8%. 1946 gab es noch 32,6 % Erwerbstätige in der Landwirtschaft. Die Einwohnerzahlen sprechen für sich:
1900: 1065
1919: 1232
1952: 1604
1961: 2358
1969: 3539
1972: 3771
1980: 3870
Schließlich blieben unerwähnt die vielen, uns bekannten Überschwemmungen, Hungerjahre, Seuchen, Kriege und Plünderungen, denen unsere Vorfahren häufig ausgesetzt waren. Die hohe Kindersterblichkeit, das Kindbettfieber und die Armut überhaupt, lassen sich ohnedies nicht in Jahreszahlen fassen. Eines ist jedoch sicher: Uns ging es materiell noch nie so gut wie heute.