Historisch gewachsen, Allmendfelder

12.10.2020

 

„Gänseweide“, „Neuwiesen“, „Gemeindebruch“, „Schanz“ und „Nachtweide“ sind Bezeichnungen von Gemarkungsflächen in Mörsch, die eine historisch bedingte Besonderheit aufweisen, die es nur im größten Frankenthaler Vorort gibt: Es handelt sich um Allmendfelder.

Von Alois Ecker

Welche Bewandtnis hat es damit? Der Begriff Allmende geht auf das Hochmittelalter zurück und steht für landwirtschaftliche Flächen, die von den Bürgern eines Dorfes gemeinsam genutzt werden dürfen. In Mörsch gibt es dieses Nießbrauchsrecht bereits seit mehr als 172 Jahren – exakt seit 23. Januar 1848. „Es wurde seinerzeit vom Gemeinderat beschlossen und hat lebenslange Gültigkeit“, erläutert Ortsvorsteher Adolf-José König im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Der Sozialdemokrat verweist auf die 26 Paragrafen umfassenden „Allmendstatuten“.

Wer Anspruch auf das Ackerland hat, ist klar geregelt: „Die Allmende ist nur den lebenden, in der Gemeinde Mörsch ansässigen Bürgern in Genuss verliehen.“ In das vom Bürgermeisteramt geführte Verzeichnis der Berechtigten wurden Eheleute mit dem Tag ihrer Heirat sowie Junggesellen mit der Vollendung des 40. Lebensjahrs aufgenommen.

Ortsvorsteher König, der für die Verwaltung der Mörscher Allmende verantwortlich ist, weist auf einige interessante Details hin. So könne das Nießbrauchsrecht nur von männlichen Einwohnern erworben und weitervererbt werden. Ausnahme: Beim Tod eines verheirateten Berechtigten bleibe der Witwe die Allmende erhalten. Seien in einer Familie keine Erben vorhanden, falle das Ackerland zurück an die Gemeinde.

Katastermäßig erfasst
Die Allmendefelder, die sich auf sieben Mörscher Gemarkungen erstrecken, wurden damals katastermäßig erfasst. 833 Parzellen wurden gebildet. Den Berechtigten seien sechs Grundstücke von unterschiedlicher Größe zugeteilt worden, informiert König. „Jeder sollte rund 6200 Quadratmeter bekommen.“

Als Mörsch am 1. Oktober 1919 zur Stadt Frankenthal kam, hat sich an der Rechtslage nichts geändert. So ist im Eingemeindungsvertrag ausdrücklich geregelt, dass „die Nutznießung des Mörscher Allmendgutes ausschließlich den im Augenblicke der Vereinigung vorhandenen Nutzungsberechtigten und deren Nachkommen für ewige Zeiten vorbehalten ist“.

Auf der aktuellen Liste von Ortsvorsteher König stehen 85 Bürger mit Anspruch auf Allmendfelder. Die meisten haben die Bewirtschaftung der Flächen an die Landwirte übertragen, von denen es in Mörsch noch etwa ein halbes Dutzend gibt. Was die Bestellung der Äcker angeht, schreiben die Allmendstatuten vor: „Eines jeden Jahres vor dem ersten März dürfen keine Sommerfrüchte gesät, vor dem ersten April keine Kartoffeln gesteckt, vor dem ersten Mai kein Hirsen gesät, kein Tabak, Dickrüben oder Runkelrüben gesetzt und vor dem 15. September und nach dem 10. November keine Winterfrüchte gesät werden.“

Die Allmendberechtigten erhalten von den Landwirten eine Pacht, die am Martinitag (11. November) fällig wird und zwischen 70 und 100 Euro pro Jahr beträgt. Während sich die einen das Geld auszahlen lassen, wählen die anderen einen Ausgleich in Naturalien – meist Kartoffeln oder Zwiebeln, die dann sogar frei Haus geliefert werden.

Adolf-José König, dem bei der Zuteilung frei werdender Parzellen die alleinige Entscheidungsbefugnis obliegt, sieht bei der Verwaltung der Allmendfelder keine größeren Probleme. „Es läuft alles gut“, stellt der Ortsvorsteher zufrieden fest.


Rheinpfalz Frankenthal, Ausgabe 237 vom 12. Oktober 2020



Autor / Publikation: Adolf-José König