Von Magdalena Ringeling
Bisher waren König und Knöppel davon ausgegangen, dass Stella Domsel, Pächterin der Fischerstube, als Festwirtin die Kerwe sichern würde. Diese Woche habe sie mitgeteilt, das Risiko eines Verlusts sei ihr zu groß. Domsel selbst sagte im Gespräch mit der RHEINPFALZ, dass sie nach wie vor gern dazu beigetragen hätte, dass das Brauchtum erhalten bleibe. Nach vielen Gesprächen mit Gästen der Fischerstube und Vertrauten sei sie aber zu dem Schluss gekommen, dass sie wegen der Kerwe nicht mehrere Tage ihr Lokal schließen könne. Manche Gäste könnten verärgert sein, wenn sie nicht wie gewohnt am Wochenende kommen könnten. Da die Fischerstube ihre Haupteinnahmequelle sei, könne sie nicht auf die Wochenendeinnahme verzichten. „Ich habe erst Ende März eröffnet, und somit ist es zu früh, parallel eine solche Verantwortung zu übernehmen“, sagte Domsel auf Nachfrage. Für künftige Jahre schließe sie dies jedoch nicht aus.
Da die Kerwe jedoch maßgeblich von einem Festwirt abhänge, seien damit leider alle Bemühungen, das Fest wieder stattfinden zu lassen, gescheitert, sagte König mit Bedauern. „Wir hatten mehrere Sitzungen, bei denen es um die Ausrichtung ging und die Frage, wer die Festbewirtung übernimmt, schließlich freuten wir uns über Domsels Zusage.“ Er könne jedoch verstehen, dass der Gastronomin das Risiko eines Verlustes zu hoch erscheine.
Auch Knöppel äußerte Verständnis: „Besser jetzt die Absage, als wenige Tage vor der organisierten Kerwe.“ Es sei natürlich sehr unangenehm, dass zum zweiten Mal keine Kerwe stattfinde, aber man müsse nun nach vorne schauen. Man habe große Anstrengungen unternommen, der jetzige Ausfall sei daher sehr schade, so Knöppel
Es sei nun wichtig, innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zu überlegen, wie das Brauchtum im nächsten Jahr erhalten werden könne und ob es dann vielleicht eine Kerwe in anderer Form geben könnte. Ein wichtiger Punkt in der letzten AG-Sitzung war die Haftungsfrage. Dazu sagte Knöppel, dass diese geklärt sei: Auch als Verein hafte die AG Mörsch nicht für ein eventuelles Minus des Festwirtes, da die Verträge direkt zwischen Festwirt und Lieferanten beziehungsweise Musikern geschlossen würden. Es sei auch möglich, dass die Stadtverwaltung einen Vertrag mit einem Festwirt schließe, da sie der Veranstalter sei und die AG nur Ausrichter. Ein solcher Vertrag bedeute aber keine Übernahme der Haftung.
Schon vor dem Ausfall der Kerwe 2017 seien Vorwürfe aufgekommen, dass er beziehungsweise andere Beteiligte nicht aktiv genug gewesen seien, um das Brauchtum zu erhalten, sagte König. Dem widerspreche er entschieden, auch für dieses Jahr. Mehrere Sitzungen und auch Termine bei der Verwaltung, zu denen alle Vereinsvorsitzenden und andere Entscheider eingeladen waren, hätten leider immer so geendet, dass keiner die Festbewirtung übernehmen wollte oder ein neues Konzept vorstellte. Auch ein anderer Festwirt, der schon 2017 im Gespräch war, habe das Risiko nicht übernehmen wollen. „Ich bin ein Kämpfer für das Brauchtum, aber dieses Jahr ist leider wieder keine Kerwe durchführbar.“ Er hoffe, dass dies künftig wieder möglich sein werde.
Rheinpfalz FT, Ausgabe 154 vom 06.07.2018
Stadt, RÜCK-SPIEGEL
MÖRSCHER KERWE Unkalkulierbar
Nicht nur in der großen Politik dauert das Ringen um Einigkeit oft länger als erwartet. Auch im Dorfgeschehen ist manchmal ein kräftezehrender Aufwand nötig, um liebgewordene Traditionen zu bewahren. Am Ende steht nun bezüglich der Mörscher Kerwe die Ernüchterung. Alle Bemühungen verflogen im Wind.Es wäre zu einfach, der Festwirtin Stella Domsel, die erst zusagte und jetzt einen Rückzieher machte, die Schuld zuzuweisen. Sie war bemüht, die Arbeitsgemeinschaft Mörsch bei der Organisation der Kerwe als Festwirtin zu unterstützen. Nun hat sie offenbar kalte Füße bekommen, denn nicht alle AG-Mitglieder waren von dieser Lösung überzeugt und ihr war bekannt, dass ihr Einsatz auch einen Geschäftsverlust bedeuten könnte.
Dass an den Kerwetagen ihr Restaurant Fischerstube geschlossen sein würde, war allerdings ihre Entscheidung, das darin steckende Risiko von Anfang an bekannt. Etliche negative Kommentare in der AG, auch zu der Wahl der Festwirtin, mögen mit eine Rolle bei ihrer Entscheidung gespielt haben.
Die Ausgangssituation ist immer noch die gleiche: Ohne Festwirt kann keine Kerwe stattfinden. Diejenigen, die schon vor einem Jahr in der AG-Sitzung die Kerwe für tot erklärten, haben Recht behalten. Die Befürworter hätten sich über die Beibehaltung gefreut. AG-Vorsitzender Adolf-José König setzte alle Kräfte ein, um das Brauchtum zu halten, genauso wie etliche Vereinsvertreter.
Doch vielleicht ist es tatsächlich so, dass die Kerwe nicht mehr zeitgemäß ist und die Besucherresonanz zu gering. Und kommerzielle Betreiber können nun einmal, genauso wie Vereine, nicht zugunsten des Brauchtums Minus machen. Die Gefahr droht allerdings, dass die Kerwe nach zwei Jahren Ausfall ganz stirbt. Vielleicht aber kann ein Neuanfang mit kürzerer Dauer und anders gestaltet eine Chance sein.
Magdalena Ringeling
Schönes Wochenende!
Autor / Publikation: Adolf-José König